HOCHZEITSFOTOS PER FERNSTEUERUNG

Wenn niemand mit ins Standesamt darf

Wie ich aktuell Trauungen fotografiere, selbst wenn ich nicht dabei sein darf

Die Einschränkungen durch die Corona Pandemie verfolgen uns alle nun ja leider schon seit mehr als einem Jahr. Doch während es letztes Jahr noch einige wirklich schöne (meist standesamtliche) Trauungen im kleinen Kreis gab, lassen die aktuellen Auflagen auch solche Hochzeiten kaum noch zu. Zumindest nicht mit mehreren Gästen und seit einiger Zeit auch nicht mal mehr mit einer einzigen weiteren Person (also auch nicht Dienstleister bzw. konkret Fotograf).

Die Bestimmungen variieren je nach Gemeinde und ändern sich auch ständig wieder, jedoch scheint es einen Trend in Richtung immer strengerer Vorschriften zu geben. Schon seit Anfang der Pandemie habe ich immer wieder Brautpaare, die mit ihrer Hochzeit nicht mehr länger warten wollen und auch im kleinsten Kreis heiraten möchten. Für diese Paare sind die Hochzeitsfotos meist von ganz besonderer Bedeutung, gerade weil niemand von Familie und Freunden dabei sein kann und diese eigentlich geplanten Gäste dann wenigstens richtig schöne Einblicke und Erinnerungen von dem Tag bekommen sollen. Doch hatte ich in den letzten Wochen vermehrt den Fall, dass die Standesämter nicht einmal mehr eine weitere Person im Standesamt erlaubt haben, womit auch das Fotografieren der Trauung zum Problem werden sollte. Für mich als Hochzeitsfotograf eine Herausforderung und eine Chance, neue Ideen zu realisieren.

„Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Massnahmen“ – woher dieses Sprichwort kommt weiß ich gar nicht, aber ich bin mir sicher, man hat es schon mal gehört. Für mich dient es als Motto, gibt es doch für viele Probleme eine Lösung, wenn man neue Ideen ausprobiert und bereit ist, sich auf sinnvolle Kompromisse einzulassen.

Hochzeitsfotos ohne Fotograf – die komplett ferngesteuerte Kamera

Die Regeln des Standesamts waren klar, Gäste waren dort zu der Zeit nicht erlaubt und auch als Fotograf durfte ich nicht mit dem Brautpaar ins Trauzimmer kommen. Es brauchte also eine Lösung, wie ich meinen Brautleuten zu guten Bildern von der Trauung verhelfen kann, ohne selbst dabei im Raum zu sein.

Die Anforderungen daran lassen sich in etwa so beschreiben:

  • Kamera komplett aus der Ferne steuerbar
  • Gute App mit Zugriff auf alle wichtigen Funktionen
  • Gewohnt hohe Bildqualität
  • Drahtlos und netzunabhängig
  • Schnelle Datenübertragung
  • Unkompliziert und schnell auf/abbaubar
  • nahezu verzögerungsfreies Livebild auf Handy oder Tablet
  • Robuste Funkverbindung, auch durch stärkere Wände hindurch
  • Unabhängig von (nicht) bestehender Infrastruktur wie Strom oder WLAN
  • Backup Verbindung falls der Empfang gestört ist

Zwar haben moderne, professionelle Kameras fast ausnahmslos bereits einfache WLAN-Lösungen eingebaute, doch eignen die sich meiner Erfahrung nur eingeschränkt bis gar nicht für die professionelle Verwendung auf Hochzeiten. Zu gering ist die Reichweite, zu häufig bricht die Verbindung ganz ab, teilweise muss man zum erneuten Verbinden gewisse Einstellungen an der Kamera öffnen und dafür wieder in den Raum hineingehen (was ja nicht Sinn der Sache ist).

Als nächstes schaute ich also, welche fertigen Lösungen sich bereits kaufen lassen, wurde da aber enttäuscht, denn ich fand aber nicht die perfekte Lösung, die alle meine Anforderungen zusammen erfüllt. Ich fing also an selber mit verschiedenen vorhandenen Geräten zu experimentieren (es ist erstaunlich, wie viel Technik man als computeraffiner Fotograf ansammelt), kaufte mir noch ein paar Kleinteile nach und stellte mir alle Komponenten so zusammen, dass sie den Zweck möglichst genau erfüllen. Mit einem umfunktionierten, kompakten Router und einigem vorhandenen Zubehör konnte ich recht bald alle oben genannten Probleme lösen. Die Verbindung ist mittlerweile stabil, reicht deutlich weiter (auch durch Wände) und lässt sich im Fall einer Unterbrechung direkt vom Tablet wieder aktivieren. Es lassen sich alle Funktionen der Kamera übersichtlich am iPad steuern und was mir besonders wichtig ist, die Bilder unterscheiden sich qualitativ kein Bisschen von meiner sonstigen Arbeit. Alle Geräte haben einen ausdauernden Akku oder lassen sich direkt über eine kräftige PowerBank mobil mit Strom versorgen. Sollte die Verbindung doch mal gestört sein, lässt sich die Kamera zusätzlich noch mit einem unabhängigen Funksystem auslösen. Sozusagen als Backup für alle Fälle.

Große Akzeptanz durch Standesämter

Der erste Einsatz dieser Lösung in ihrer aktuellen Version bei einer echten Hochzeit war im März im Osnabrücker Schloss. Mit den extrem dicken Mauern des Schlosses war dies auch gleich nicht nur Premiere, sondern gleichzeitig direkt ein Belastungstest mit besonders hohen Anforderungen an das Funknetz. Die Trauung war zudem zeitlich sehr kurz gehalten, meine Aufregung und Konzentration entsprechend umso höher. Umso glücklicher war ich über den reibungslosen Ablauf, die schönen Ergebnisse und die Begeisterung meines Brautpaares. Ein Zitat der Braut: „Als ich meiner Mama die Bilder gezeigt habe, sind ein paar Tränchen gekullert – du hast also alles richtig gemacht.“

Eine Selbstverständlichkeit für mich war die persönliche Abstimmung mit den zuständigen Personen vom Standesamt im Vorfeld. Zwar hatte man in Osnabrück zuvor noch von keiner solchen Möglichkeit gehört, jedoch war die freundliche Beamtin sofort offen für die Idee und zudem sehr interessiert daran, eine möglichst schöne Lösung für die Brautpaare zu finden, die aktuell so starke Einschränkungen hinnehmen müssen. Nach kurzer Erklärung der Umsetzung konnten wir uns darauf einigen, dass ich wenige Minuten vor der Trauung selbst kurz zum Aufbau in das Trauzimmer darf, während das Brautpaar noch draußen wartet. Der Aufbau ist in unter einer Minute erledigt, ich gehe wieder raus, danach wird das Trauzimmer noch mal gründlich gelüftet und dann erst kommt das Brautpaar und die/der Standesbeamte hinein.

Mittlerweile habe ich die Idee schon mit mehreren Brautpaaren geplant und mit den jeweiligen Standesämtern abgestimmt. Der Zuspruch ist groß, weil es sich hier nicht um die Bitte um eine Ausnahme handelt, sondern um eine wirkliche Alternative, welche die aktuellen Regeln respektiert und einhält. Insofern bin ich auch weiterhin optimistisch, dass sich einige andere Standesämter darauf einlassen würden.

Das möchten wir auch!

Wenn ihr auch in den kommenden Wochen heiraten möchtet, mit ähnlichen Einschränkungen rechnet und euch für eine „Corona-konforme Fotobegleitung“ interessiert, schreibt mir doch gerne einfach mal eine Nachricht und euren Termin über mein Kontaktformular. Durch die besondere Situation sind viele bereits langfristig geplante Termine aktuell wieder frei geworden, die ich euch gerne wieder anbiete.

Für Kollegen: Wer sich für die technische Umsetzung interessiert, darf sich natürlich auch gerne bei mir melden. Ich glaube, das würde hier den Rahmen sprengen, am Telefon oder so aber leicht erklären. Ich freue mich immer über den Austausch und bestimmt lässt sich gemeinsam noch die ein oder andere Idee hinzufügen.

“It doesn’t matter who you love, where you love, why you love, when you love or how you love, it only matters that you love!”

― John Lennon

Einfühlungsvermögen. Leidenschaft. Vertrauen. Kunst. Handwerk. Storytelling.

Eine Hochzeitsreportage besteht aus mehr als nur guten Fotos

Fearless Photographers Member Moritz Fähse
Masters of German Wedding Photography Member Moritz Fähse